1. Reise: Die (mächtigen) Taarer TAARER

2. Kapitel

Die Reise beginnt

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Auf einer kleinen, improvisierten Feier, in einer der nicht öffentlichen Kasinoetagen der /KKK Hauptverwaltung, verabschiedeten wir uns voneinander. Man hatte aus der fünften Etage aber auch einen phantastischen Blick über Neuyork. Im Norden, auf der anderen Seite des Ostflusses, lagen auf der Museumsinsel Menhetten die alten UN Gebäude, die heute wieder unseren :Sicherheitsrat: beherbergten. Auf der gleichen Höhe, nur durch den Fluss getrennt, lagen die Gebäude des :Verwaltungsrats:. Die alten Bauten auf der Museumsinsel wirkte - entgegen der offenen Architektur auf der Langen Insel - wie Überbleibsel aus einer längst vergangenen Zeit. Die Blöcke des :Verwaltungsrats: lagen eingebettet in einer große Parkanlage, umgeben von den Hauptverwaltungen der /Kooperativen und wirkten irgendwie vornehm. Neuyork war sowieso eine einzige große Parklandschaft.

Hier hatte die /Kooperative für Rückbau schon gute Arbeit geleistet. Die großen Ruinenfelder, die einst die Nordamerikanische Ostküste verschandelten, sind größtenteils verschwunden. Der Zentralpark auf der Museumsinsel bedeckte ganz Menhetten und hatte sich zum kulturellen Zentrum von Neuyork und somit der gesamten ERDE entwickelt. Er ist heute Standort unseres Zivilisationsarchivs. Fast alle alten Sammlungen der ERDE befinden sich heute hier. Die interessanteste Stelle ist für mich immer das Domland gewesen. Sechs der größten Hallen, auch Dome genannt, die von der "Alten Menschheit", für eine damals weit verbreitete Religionsgemeinschaft gebaut worden sind, hatte man hier zusammen aufgestellt. Sie umstanden einen sechseckigen Platz, der von einer Kolonnade, die zu einer der Dome gehörte, besetzt war. Wenn ich einen Treffpunkt brauchte, hatte ich immer diese auffällige Stelle ausgewählt und nicht die Pyramiden Allee an der Südspitze der Museumsinsel.

Gus hatte einige Getränke kommen lassen und wir prosteten uns gegenseitig zu. Nach dem die Offiziellen sich endlich verabschiedet hatten und nur noch wir elf Reisende und Gus Niegen übrig blieben, lockerte sich die Stimmung etwas auf. Obwohl ich eigentlich nur Maria etwas besser kannte, so sind die anderen doch keine Fremden mehr gewesen. Wir hatten uns immerhin fast 6 erdeMonate lang gestritten. Es hatten sich kleine Gruppen gebildet, die sich im laufe der Veranstaltung noch weiter auffächerten. Am Ende standen jeweils zwei Personen zusammen - nur ich bin wieder einmal alleine gewesen. Gus kam auf mich zu und ich scherzte noch "Grübchenbildung" als er mir offenbarte, das dies bereits die Reisegruppenzusammenstellung sei. Fünf Gruppen zu je zwei Personen. Maria sollte wohl mit Ahan Marte, einem /D3 Gentyp der /KIS /Kooperative für Innere Sicherheit reisen. Und ich? Im ersten Moment dachte ich, das sie mich wieder aussortiert hatten. Aber nein - ich habe ja die 10 ~DES~ bekommen, also sollte ich auch reisen. Aber eben alleine!

Er erklärte mir, das es nur einen Reisenden gibt, der von den SULANERN mit 10 ~DES~ ausgestattet wird. Einen Reisenden pro Mitglied und der sei - für die MENSCHEN - eben ich. Das mich die /KKK so hoch einschätzte, fand ich schon erhebend, zumal ich selbst keinen großen Unterschied zu den anderen zehn Reisenden hatte feststellen können. Aber wirklich alleine reisen zu müssen, empfand ich dann doch als Abwertung meiner Person. Die anderen durften zusammen sein, konnten sich austauschen und hatten ein Stück Heimat immer bei sich. Nur ich, ich musste einsam und alleine hinaus in die Galaxie.

Warum ich? Was hatte ich zu wenig oder den anderen voraus, das sie mich alleine los schickten.

Ich versuchte mich zu erinnern, ob es in meiner Vergangenheit irgend welche Besonderheiten gegeben hatte. Im EZ - dem Erziehungszentrum - Himalaja - bin ich mit allen anderen nie so besonders gut ausgekommen. Nicht, das wir immer gestritten hätten. Es gab manchmal Zeiten, da wanderten wir mit Sharei durch die Berge und ich hatte das Gefühl, als gehörten wir alle zusammen. Wir wechselten die Rucksäcke ohne zu murren. Wir verteilten das Obst und die Getränke gleichmäßig und wir waren munter, unbeschwert, irgendwie glücklich.

Dieser Zustand änderte sich schnell, wenn wir wider ins EZ zurück kamen. Ich hatte meine Matte immer weit weg von allen anderen gelegt und so gehörte ich nie zu einer der Spiel- oder Arbeitsgruppen. Sharei musste mich immer einem dieser Kreise zuordnen. An Freunde, die ich dort hatte, kann ich mich nicht erinnern. Meine Bezugsperson ist einzig und allein Sharei gewesen und als ich kurz vor meinem 10. Geburtstag in das ABZ -Ausbildungszentrum – Irland - wechselte, trat Emo Gallo /KEB /D1 auf. Er ist dann hier für mich der Ansprechpartner gewesen. Nicht so wie Sharei. Sie war immer da. Morgens, während des Tages, abends und sogar in der Nacht. Emo Gallo dagegen trat nur bei wirklichen Problemen und wichtigen Anlässen auf. Als ich die gemeinsame Küche verwüstet hatte. Beim Tod eines Mitschülers, der nie richtig aufgeklärt wurde und natürlich bei meinem Abschluss.

Aber auch im ABZ Irland hatte ich nie von mir aus den Kontakt zu anderen Schülern oder gar Gruppen gesucht. Meine Themen erarbeitete ich mir immer selbst und die einzige Arbeit, die ich mit einigen anderen Mitschülern zusammen erstellen sollte, endete in eine Katastrophe. Alleine bin ich gut, in der Gruppe ein Versager.

Natürlich würde ich lieber alleine reisen! Rücksicht zu nehmen auf andere, war noch nie meine Stärke gewesen. Ich empfand es auf Irland schon als Einschränkung meiner Persönlichkeit.

Gus verabschiedete jeden einzelnen persönlich und dann verabschiedeten wir uns alle voneinander. Ich schaute ihnen direkt in die Augen, weil ich sehen wollte, was sie bereit waren mir zu offenbaren. Es ist eine Mischung aus Achtung, Neid aber auch Schadenfreude gewesen und sogar Mitleid meinte ich erkannt zu haben. Ein Brei von Gefühlen, aus denen ich keine eindeutige Richtung herauslesen konnte. Jeweils geprägt durch die persönliche Sicht der Dinge.

Keinen der Reisenden - nicht einmal Maria - habe ich jemals wieder gesehen.

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Da ich keine eigene Wohnung mehr in Neuyork besaß, hatte die /KKK mir ein Gästehaus in Rikers Insel zur Verfügung gestellt. Dieser Stadtteil lag nördlich des :Verwaltungsrats: und das Gelände soll früher wirklich einmal eine Insel gewesen sein, daher stammte wohl auch der sonderbare Name. Er bildete zusammen mit der Lagardia Wohnanlage ein abgeschlossenes Gebiet, in das bald die Vertreter der anderer GAON KORMA Mitglieder einziehen würden. Es war damals schon fast geräumt, so das ich noch Glück haben musste, wenn ich andere Menschen hier antreffen sollte.

Gus hatte mir die Berechtigung für einen Gravopeiler der /Kooperative gegeben, der mich auf direktem Wege zu dieser Wohnanlage gebracht hatte. Auf der linken Seite des Ostflusses hatte der Zentralpark eine zufriedene Ruhe ausgestrahlt. Da es schon nach Mitternacht war, hatte es auf dem Ostfluss kaum noch Verkehr gegeben. Ich erinnere mich daran, das ich mich damals fragte, wie es hier wohl aussehen würde, wenn die Botschafter, deren Gäste und die Entwicklungshelfer der anderen GAON KORMA Völker nach Neuyork kamen. In mühevoller Kleinarbeit hatte die Rückbaukooperative die Geschosshöhen der wenigen, unter Denkmalschutz stehenden Gebäude der Museumsinsel, auf 10 Etagen reduziert. Alle neuen Gebäude duften sowieso nicht höher als fünf Etagen sein, vom Domland und der Pyramiden Allee einmal abgesehen. Die TAARER aber bauten auf ihren Welten Würfel von bis zu 5000 Metern Kantenlänge! Auf der ERDE hatten sie ihre sehr viel kleineren Anlagen bis jetzt alle in der Absoluten Zone in Westafrika angelegt. Aber wenn sie jetzt nach Neuyork kamen? Das sie kommen sollten war allgemein klar, nur der genaue Zeitpunkt ihrer Ankunft ist damals noch offen gewesen. Das es Veränderungen geben würde, zeigten mir schon die Gebäude der offiziellen GAON KORMA Niederlassung. Obwohl damals noch im Bau, überragten die acht Türme mit ihren jeweils 200 Metern alles.

In meinen /INFOSPEICHER hatte die mir /KKK die Unterlagen für meine erste Reise eingetragen. Sie sollte nach 003-NANROC gehen, eines der 20 wichtigsten Systeme der TAARER. Sie hatten die Angewohnheit ihre Systeme zu nummerieren. Ihre Zentralgestirne besaßen keine Eigennamen. Der Name 003-006-NANROC - für die Hauptwelt - war ein Zugeständnis an andere Lebensformen, die mit unendlichen Zahlenkolonnen nichts anzufangen wussten. Also, 003-NANROC sollte mein erstes Ziel sein und die Reise sollte Anfang Dezember 0/2152 beginnen! Ich hatte noch acht erdeTage Zeit um meine Vorbereitungen zu treffen. Es ist aber doch schon etwas anderes, in einem unbekannten Universum herum zu reisen, als wenn ich das selbe auf der ERDE täte.

Meine Identifikationskarte schien außerhalb des SONNE-Systems - was die Finanzen anging - wertlos zu sein. Ich hatte mir nie Gedanken darüber gemacht, woher die Bewertungseinheiten eigentlich kamen, über die ich, über meine ID-Karte, jederzeit und an jedem Ort verfügen konnte. Es hatte nie irgendwelche Probleme mit der /KEB gegeben. Die /Kooperative bürgte für jede Summe. Ich wusste nicht einmal genau, über welche Mittel ich verfügen konnte - hatte aber auch nie das Verlangen verspürt, es heraus zu finden. Die größte Summe, die ich mit meiner ID-Karte jemals bewegt hatte, sind 400 Einheiten für den Kauf eines alten Sternenlexikons gewesen. In meinem `Kosmischen Semester` im WBZ - Weiterbildungszentrum Kuba - stöberte ich es in einer privaten Bibliothek auf. Die Bewertung erschien mir damals sehr hoch. Der Besitzer aber, ein alter Privater, lies nicht mit sich Handeln und ich wollte dieses Buch einfach haben. Es hatte noch richtige Seiten, einen festen Deckel am Anfang und am Ende und es wog ganze 2000 Gramm. Auf 500 farbigen Seiten stellte es über 820 Einzelsterne und ihre Lage in den Sternbildern da.

Ich habe es in die Sammlung meines ABZ auf Irland gegeben. So kann ich immer damit arbeiten, wenn ich mal wieder dort bin.

Aber jetzt wird mir die ID-Karte nicht mehr weiter helfen können - außer das sie mich als Person ausweist. Und auch das musste sie nicht mehr, denn ich besaß jetzt die - auf meinen Namen ausgestellte - 10 ~DES~ Karte! Ob ich damit auch normale Finanzmittel bewegen konnte, war mir noch nicht bekannt. Auch über die Bewertungsstandards auf 003-006-NANROC besaß ich zu diesem Zeitpunkt noch keinen Überblick. Die Unterlagen der /Kooperative sprachen immer nur von den 10 ~DES~; sie seien meine finanzielle Grundlage für alle Bewertungssituationen innerhalb der GAON KORMA.

Meinen eigenen RAPI Verständigungskristall bekam ich von Gus - zwei Tage vor der Abreise. In einen Armreifen eingearbeitet, stellte er sich mir als UKOM - Universalkommunikator - vor. Er übersetzte, in meine Verständnisform, gesprochene Worte, Laute und Klänge, Gerüche, Gesten und sogar Mimik hauptsächlich der TAARER. Er könne aber auch andere Lebensformen verstehen, hieß es.

Meine Tests, mit alten Aufzeichnungen aus unserer Geschichte, ergaben einige lustige Ergebnisse. So übersetzte mein UKOM die Bekanntmachung des ersten TAARER Kontaktes, aus dem Jahre 2030 durch den damaligen Generalsekretär Ngujen, als multimediales Ereignis. Zu den gesprochenen Worten, die der UKOM nicht kommentierte, lieferte er mir Auswertungen der Gestik und Mimik, die nicht unbedingt mit den Worten harmonisierten. Wenn Ngujen von `sicherer Zukunft` sprach deutete der UKOM seine Mimik als Unsicherheit und sogar Verzweiflung. Sprach er von `kontrollierten Maßnahmen` deutete der UKOM seine Gesten als fahrig und unkonzentriert. Zu seiner Entschuldigung muss man allerdings sagen, das Ngujen noch zur "Alten Menschheit" zählte, die sowieso nicht genau wusste was sie tat. Ich lies es aber dann doch sein, meine eigenen öffentlichen Auftritte im /KKK Ausbildungszentrum vom UKOM ausdeuten zu lassen.

Was ich an Kleidung mitnehmen sollte, erfuhr ich über den /INFOSPEICHER - einen Tag vor meiner Abreise. Zu diesem Zeitpunkt erfolgte gerade die Anbindung der /KDV /Kooperative für Datenverteilung - den Betreibern unseres Informationsspeichersystems /IS - an das universelle KOSMIC-LINK der GAON KORMA. Für mich - etwas zu spät um mich noch gründlicher auf meine Reise vorzubereiten. Aber wir MENSCHEN sind ja erst seit zwei erdeMonaten Mitglied und es dauerte eben seine Zeit, bis alle Verbindungen eingerichtet sind. An Kleidung brauchte ich nur zwei leichte Sommergarnituren mitzunehmen. Unterwäsche für 8 Tage hatten in meiner Tasche noch Platz und eine kleine Sammlung Sprays zur inneren und äußeren Körperpflege. Alles weitere musste ich mir - so hoffte ich - irgend wie auf 003-NANROC beschaffen.

Es ist für mich eine große Erleichterung gewesen, über KOSMIC-LINK immer auf meinen /INFOSPEICHER auf der ERDE zugreifen zu können. Trotz der 216 lichtJahre, die das System 003-NANROC von ihr entfernt war, kam mir das Ziel meiner Reise nun nicht mehr ganz so unendlich weit weg vor. Immer wenn ich wollte, konnte ich mich nach Hause, in meinen /INFOSPEICHER einwählen. Er sollte mein Nachschlagewerk für Fakten sein, die ich noch nicht zuordnen konnte. Über ihn wollte ich nach Begriffen und deren Bedeutung suchen lassen. Auf die /KIK Nachrichten brauchte ich dann ja auch nicht mehr zu verzichten.

Mein UKOM musste dafür allerdings erweitert werden - einen Tag vor meiner Abreise. So blieb mir nichts anderes übrig, als mich noch einmal in die technische Abteilung der /KKK zu begeben und um eine zügige Erweiterung zu bitten. Um so verwunderter war ich, als ich den Anmeldesaal der Hauptverwaltung betrat, das sich gleich zwei Techniker auf mich stürzten. Ohne das ich mich ausgewiesen hätte, führten sie mich in ein kleines Büro. Es war einer dieser Räume, in denen gearbeitet wurde. Überall hingen Kabel, standen Betrachtungsflächen und /IS- Konsolen herum. Einer der Techniker nahm mir den UKOM vom Handgelenk und schob ihn komplett in ein Kästchen unter einer dieser Betrachtungsflächen. Während er auf einem Sensorfeld herum tippte, reichte mir der zweite Techniker einen Koffer mit technischen Kleingeräten. Er sei erst vor drei Stunden von den TAARERN für den ~DES~ Reisenden geliefert worden.

Die waren gut! Morgen früh sollte meine Reise beginnen und jetzt bekam ich noch dieses technische Spielzeug, von dem ich nicht einmal wusste, für was ich es gebrauchen konnte. Der erste Techniker gab mir meinen UKOM zurück und schon stand ich wieder draußen vor der Hauptverwaltung. So schnell ich konnte, versuchte ich wieder nach Rikers Insel zu kommen. Aber gegen 15:00 ist das in Neuyork gar nicht so einfach. Nach einem Beinah zusammenstoß über dem Ostfluss, übergab ich den Gravopeiler dann doch an die offizielle Verkehrssteuerung. Sie brauchte fast 10 Minuten bis sie mich zu meiner Wohnung gebracht hatte.

Meinen erweiterten UKOM beherrschte ich bei einem ersten Test sofort. Er besaß jetzt zwei Funktionen zwischen denen ich hin und her schalten konnte. Ich hatte sogar ein kleines Glücksgefühl, als ich mein /IS Konto über den UKOM erreichen und abrufen konnte. Was für ein Luxus! Und wenn dass auch auf 003-006-NANROC funktionierte, konnte eigentlich nichts mehr passieren. Der Koffer mit dem Tarrischen Spielzeug lag mir allerdings im Magen. Nicht nur, das ich jetzt zwei Gepäckstücke transportieren musste, ich war mir nicht einmal sicher, ob es überhaupt einen Sinn machte, ihn mitzunehmen. Im Koffer befanden sich hauptsächlich Würfel mit einer Kantenlänge von 4 cm und ein kleines schwarzes Kästchen mit einer Öffnung, in die immer einer dieser Würfel passte. Es stellte sich später heraus, das sich eine komplette Bibliothek in dem Koffer befand. Nur war mir zu diesem Zeitpunkt nicht klar, was für Themen sie behandelte. Ich hatte aber auch keine Zeit mehr um mich intensiver damit zu beschäftigen.

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Pünktlich am 3. Dezember 0/2152 gegen 6:30 Ortszeit holte mich ein großer Gravopeiler der /Kooperative, der bereits mit fünf Personen besetzt war, von meiner Wohnung in Rikers Insel ab und brachte uns direkt in die Sahara. Hier hatten sich die TAARER - aber auch andere Mitglieder der GAON KORMA - niedergelassen und betrieben umfangreiche Stützpunkte. Nach zwei erdeStunden landete der Gravopeiler - mitten in der Wüste - auf dem Dach einer dieser typischen Würfel. Dieses Gebäude besaß nur eine Kantenlänge von ca. 150 Metern. Ich sah beim Anflug, das es mit weißen quadratischen Platten verkleidet war. Sie reflektierten das Licht der Sonne fast schmerzhaft. Der Würfel ist weit und breit das einzige Gebäude gewesen und ich der einzige Reisende, der hier aussteigen sollte. Der Gravopeiler erhob sich wieder und schwebte lautlos davon. Ich stand mit zwei Koffern alleine auf einer rissigen weißen Fläche. Die heiße Luft des hier herrschenden Mittags empfand ich nach dem kalten Neuyork als angenehm. Direkt neben mir öffnete sich plötzlich die Oberfläche und gab eine Rampe in den Würfel frei, die ich - ohne eine Aufforderung ab zuwarten - hinunter ging. Die Rampe endete in einem langen Gang, der in beiden Richtungen ins Unendliche zu gehen schien. Natürlich wusste ich, das jede Seite des Ganges höchsten 70 Meter lang seien konnte. Trotzdem sah ich dass jeweilige Ende nicht. Die TAARER arbeiteten mit Energievorhängen die sich selbst - nicht aber Materie - spiegelten. Das gehörte zur Allgemeinbildung.

Ich erwartete eigentlich von einem TAARER empfangen zu werden und war doch etwas überrascht, als sich ein MENSCH des /D3 Gentyps aus dem Energievorhang des rechten Gangabschnittes schälte. Nach einer kurzen Begrüßung, klärte er mich darüber auf, das ich erst in einer Stunde weiter reisen sollte. Die /KKK habe kurzfristig auf einem Transportraupeiler der INSORINE eine Unterkunft gebucht. Bis dahin sollte ich mich in einem der Aufenthaltsräume des Verteilers entspannen. Mein dunkelhäutiger Begleiter stellte sich mir als Joe Magun /KHB /D3 vor und geleitete mich zu einem großen, hohen und hellen Raum mit Blick auf die unendliche Sandwüste. Der Verteiler auf dem ich mich befand, besaß wirklich sehr luxuriöse Aufenthaltsräume. Nach dem ich mich in einer der Gästenischen niedergelassen hatte, brachte mir Joe eine kleine Mahlzeit. Es ist schon angenehm, wenn man verwöhnt wird. Ich sprach ihn auf den Standort des Verteilers an, merkte aber gleich, das er meiner Frage auswich. Joe meinte nur das es noch sehr früh sei. Die nächsten Gäste kämen erst in zwei Stunden und da dieser Verteiler für Regierungsmitglieder vorgesehen ist, seien 15 Personen pro Tag durchaus normal. So reisen also Regierungsmitglieder! Es stellte sich noch heraus, das Joe nicht der einzige Betreuer auf dem Verteiler05 war, so der Name des Würfels. Die ständige Belegschaft bestand aus fünf MENSCHEN für die Betreuung der Gäste und aus zwei TAARERN zur Bedienung der Technischen Einrichtungen. Damals fragte ich mich noch, welche technischen Einrichtungen ein Verteile - mitten in der Wüste - hatte, die nicht auch von uns MENSCHEN zu bedienen gewesen wären. Heute weis ich natürlich, das ein Taarischer Verteiler vielmehr verteilt als nur Reisende.

Nach einer Stunde brachte mich Joe Magun wieder auf das Dach. Er verabschiedete sich und die Rampe verschloss den Eingang in den Würfel. Ich stand wieder mit zwei Koffern alleine auf der rissigen, weißen Dachfläche eines von den TAARERN errichteten Gebäudes, mitten in der Sahara - und immer noch auf der ERDE. Die Luft des Mittags schien mir noch heißer geworden zu sein. Es näherte sich ein Gravopeiler von der mir schon bekannten Größe und er landete lautlos etwa 20 Meter von mir entfernt. Ich war diesmal der einzige Reisende. Man hatte ihn extra für mich geschickt.

Gravopeiler sind schon eine wunderbare Erfindung. Alle auf der ERDE eingesetzten Fahrzeuge dieses Typs kamen - innerhalb eines Austauschgeschäftes - von einer Zivilisation namens TLAPMONIE über die INSORINE zu uns. Wir lieferten den INSORINE dafür Salz! Es ist der einzige Rohstoff, den es auf der ERDE in seiner natürlichen Form noch in Massen gab. Die durch die Rückbautechnik wieder verfügbaren Rohstoffe sind nun einmal gebraucht und somit zweite Wahl. In riesigen Anlagen südöstlich des Atlas Gebirges hier in Nordafrika, verdampfen die INSORINE Millionen Liter von Meerwasser und gewannen daraus diesen begehrten Rohstoff. Mit dem salzfreien Wasser konnten große Teile der Sahara bewässert werden. Nur so ist es möglich gewesen, das hier fast eine Millionen MENSCHEN leben konnten. Niegerstadt hatte sich sogar zum Wirtschaftsmittelpunkt der ERDE entwickelt. Meine ersten Mitreisenden hatten sie als Ziel gehabt.

Ich wusste aus den /KIK Nachrichten von über 10.000 Tonnen Salz, die von den INSORINE jährlich abtransportiert wurden. Für sie musste das eigentlich eine winzige Menge sein. Der große Wert, den Salz in der GAON KORMA hatte, erklärte nur teilweise seine Gewinnung hier bei uns. Wirtschaftlich aber ist es das einzige Mittel der MENSCHEN, um an Kosmische Bewertungen zu kommen.

Da die INSORINE in ganz anderen Dimensionen dachten - zur Gewinnung von Rohstoffen trugen sie schon mal ganze Planetenoberflächen ab – musste es noch einen anderen Grund für ihren Einsatz auf der ERDE geben. Ich wurde den Verdacht nicht los, das die TAARER dabei ihre Hände im Spiel hatten. Was sie in den letzten 130 erdeJahren für die MENSCHEN geleistet hatten, ist schon gigantisch gewesen. Der technische Stand auf dem wir uns heute befinden, stammt fast ausschließlich aus dem Bestand der GAON KORMA. Selbst unsere Zeugungstangs auf dem Mond stammen von den TAARERN. Und währen sie nicht gewesen, die vor 130 erdeJahren ihren Einfluss geltend gemacht hätten, es wäre zu Hungersnöten und noch schlimmerem gekommen. Nur eine Sache ist mir zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht vollkommen klar gewesen, wie konnte die "Alte Menschheit" von damals 7 Milliarden Mitglieder auf heute 8 Millionen MENSCHEN absinken? Der /INFOSPEICHER erwähnt keine Seuchen, Kriege oder andere Formen von Massensterben, von den Aufständen bis 2050 einmal abgesehen.

Ich schaute überrascht auf, als sich neben mir die Tür des Gravopeilers öffnete. Er ist - von mir unbemerkt - auf einem weiteren Verteiler innerhalb der Sahara gelandet. Dieser Verteiler, um einiges größer und belebter, als der Erste, gehörte zum Stützpunkt der INSORINE. Das konnte ich sofort an den überall angebrachten Zeichen erkennen und ich sah Sie - zum ersten mal direkt. Ein INSORINE kam auf mich zu und begrüßte mich mit überschwänglichen Gesten. Es dauerte etwas bis ich merkte, das mein UKOM nicht aktiviert war. Ich hatte vergessen ihn umzuschalten. Der INSORINE zeigte mit seinen riesigen Händen auf mein Armgelenk. Dann begriff ich endlich.

"Ich begrüße dich - Reisender der MENSCHEN. Du wurdest uns vor vier Stunden angekündigt. Der Pendler zum Raumpeiler steht bereit. Mein Name ist übrigens igin-450-te"

Mein UKOM übersetze direkt und ich meinte, den INSORINE in meiner Sprache zu hören. Gestik und Mimik gaben tatsächlich seine Freude wieder, mich hier und jetzt begrüßen zu können. Es blieb mir aber auch nur ein kurzer Blick auf meinen UKOM. Obwohl ich im /INFOSPEICHER schon viele TAARER gesehen hatte, ist es doch etwas anderes, wenn man plötzlich vor so einem Wesen steht, auch wenn es ein INSORINE ist. Ich konnte wirklich keinen Unterschied zwischen den beiden Völkern erkennen. Groß und mächtig kam er mir vor mit seinen fast drei Metern, ein vollkommen Humanoider und äußerst muskulöser Körper, dunkel gekleidet, schwarze lange Kraushaare auf dem Kopf und darunter das lustige Gesicht einer Spitzmaus.

"Ich freue mich ebenfalls, das sie es so kurzfristig einrichten konnten."

Ich war sehr förmlich gewesen. Was übersetzt mein UKOM jetzt? dachte ich erschrocken. Ich hatte den freundlichen Empfang nicht zurück gegeben. Den INSORINE schien das nicht weiter zu stören. Genau so freundlich wie vorher erklärte er mir, das er der Leiter dieser Station sei, das der Raumpeiler nur angehalten hätte, um eine Ladung Salz abzuholen und das ich immer auf dem Stützpunkt willkommen sei. Er meinte was er sagte - übersetzte zumindest mein UKOM. Er nahm sogar meine beiden Koffer und geleitete mich zu einem Pendler, der nur etwa 50 Meter entfernt stand. Nach dem ich das flachliegende, röhrenförmige Gebilde über eine kleine Rampe betreten hatte, reichte er die Koffer - an mir vorbei - an einen INSORINE weiter, der mich wohl im Pendler empfangen sollte und den ich erst jetzt bemerkte. Ich drehte mich noch einmal um und schaute igin-450-te direkt in seine Augen, oder besser ich wechselte zwischen beiden hin und her. Ich wollte ihm meine Überraschung zeigen. Ein Winken mit beiden Händen war seine Antwort.

Der Eingang schloss sich und ich befand mich zum ersten mal auf einem Pendler der INSORINE. Sofort begann mein Kofferträger mit seinem Wortschwall. Begrüßung aufs herzlichste, immer Willkommen, alles erdenklich gute. Der UKOM übersetzte auch hier, das er meinte, was er sagte. Er öffnete eine Tür, ging hinein und stellte die beiden Koffer ab. Ich folgte ihm und befand mich in einem kleinen, hellen Raum mit Blick auf den Verteiler. Ich konnte mich nicht einmal bedanken, so schnell verschwand er wieder.

Ich war überrascht. Einen solchen Empfang hatte ich natürlich nicht erwartet. Und wenn sogar der Leiter des INSORINE Stützpunktes auf der ERDE es für nötig hielt, mir für 50 Meter die Koffer zu tragen, dann musste ich in seinen Augen wirklich ein wichtiger Mann sein. Ich setzte mich in den einzigen Sessel des Raumes und merkte kurz seine Anpassungsmaßnahmen an meine Körperformen. Entspannt überschaute ich das rege Treiben auf dem Verteiler. Gravopeiler der verschiedensten Größen landeten und starteten auf einer Fläche, die mindesten dreimal so groß war, wie die des ersten Verteilers von heute Mittag. Eine menge INSORINE - vielleicht auch TAARER - liefen herum, betraten oder verließen die gerade gelandeten Fahrzeuge. Ich sah zwei weitere Pendler auf der Landefläche stehen, dünne eckige Röhren mit spitz zulaufenden Enden, vielleicht 50 Meter lang und 10 Meter hoch. Sie schwebten ohne Stützen, wenige Zentimeter über dem Boden. Ganze Teile der Außenhaut waren herunter geklappt und gaben den Blick auf verschieden große Behälter frei, die in - sichtbaren - zwei Etagen eingelagert waren. Ich bin noch immer auf der ERDE, musste ich mir immer wieder sagen. Solche Betriebsamkeit bin ich damals noch nicht gewöhnt gewesen.

Der Pendler erhob sich ohne Ankündigung und vollkommen Geräusch- und Vibrationslos. Ich merkte es nur am immer kleiner werdenden Verteiler unter mir. Einen kurzen Moment lang breitete sich die gesamte Anlage vor meinen Augen aus, bis der Pendler die Lufthülle verließ und in den Weltraum vorstieß. Die Anlage der INSORINE ist riesig gewesen - für meine Begriffe. Sie bestand aus vier Würfeln, die zusammen ein quadratisches Gebilde mit einer Kantenlänge von über 2000 Metern ergaben. Der Zwischenraum wirkte wie eine enge, kreuzförmige Schlucht. Die gesamte Anlage lag südlich der großen Verdunstungsfelder für die Salzgewinnung, die früher einmal der Schott el Dscherid gewesen ist. Ich sah noch das Mittelmeer, an dessen Ufern heute eine Millionen MENSCHEN lebten. Es folgte der Blick auf die Nordhalbkugel der Erde, die aber fast Menschenleer ist und dann begann der dunkle Weltraum. Hier gibt es ab heute endlich auch MENSCHEN.

-4-

Mit meinem Fenster schien eine Veränderung vorzugehen. Es wurde kurz dunkel und dann wieder hell. Es kam mir jetzt vor, als sähe ich den Weltraum aus einem anderen Blickwinkel. Sie hatten die Fensterfläche in eine Betrachtungsfläche umgewandelt. Alles was ich jetzt sah, wurde eingespielt.

Wir näherten uns einem der INSORINE Raumpeiler, der um die ERDE kreiste. Große klobige Konstruktionen mit quadratischem Grundaufbau und spitz zulaufenden Enden. Ihre Größe konnte ich nicht schätzen, da ich keine Vergleichsmöglichkeiten mehr besaß. Aus meiner Ausbildungszeit aber wusste ich, das sie hauptsächlich eckige Röhren mit einer Höhe von ca. 400 Metern und einer Kantenlänge von etwa 100 Metern benutzten. Sie sollen aber auch noch größere Raumpeiler besitzen. Die Antriebsdienste sind an den Ecken als röhrenförmige Gondeln angebracht und austauschbar. Je nach Bedarf konnten so die verschiedenen Antriebssysteme, die es in der GAON KORMA geben sollte, genutzt werden. Auch hier oben schien mir doch ein reger Verkehr zu herrschen. Ich erkannte vier Raumpeiler mit den röhrenförmigen Anbauten der INSORINE, aber auch zwei Raumpeiler der TAARER. Es waren plump wirkende Konstruktionen mit der Form eines eckigen Kokons und fast fünf mal so groß wie die INSORINE Peiler. Sie alle hingen frei im Raum. Der Empfangssatellit, der einmal um die ERDE kreisen sollte, war noch im Bau. Ihn sah ich allerdings nicht, da sich die Baustelle wohl auf der anderen Seite der Erdkugel befand.

Mein Pendler bewegte sich auf einen der INSORINE Raumpeiler zu und stieß in ein helles Lichtloch hinein. Meine Betrachtungsfläche schaltete sich ab und es entstand an seiner Stelle eine helle Wand. Ich stand auf, nahm meine beiden Koffer und ging auf die Tür zu. Bevor ich sie erreichte, öffnet sie sich und ein INSORINE trat ein. Er riss mir die Koffer fast aus der Hand. Es sei ihm eine Ehre, einen so hohen Gast zur Unterkunft zu begleiten, sagte er.

Das ich in den Augen der INSORINE etwas besonderes darstellte, merkte ich dann endgültig auf dem Weg zu dieser Unterkunft. Überall standen sie wie eine Begrüßungsmannschaft herum und winkten mir freundlich und offen zu. Mein Kofferträger gab sich als Leiter des Raumpeilers zu erkennen. Die INSORINE nannten ihre Führungskräfte immer Leiter und alle schienen es als Ehre anzusehen, meine Koffer zu tragen. Mein Begleiter erwähnte beim Betreten einer Transportkabine, das es noch andere Gäste gebe. Es seien noch zwei TAARER, ein ORORE, eine ARILE und ein TOLK TERISON anwesend. Außerdem sei vor zwei Stunden noch ein MENSCHEN Paar eingetroffen, das ebenfalls nach 003-NANROC wollte. Davon, das jetzt schon auch andere MENSCHEN nach 003-NANROC reisen sollten, war mir nichts bekannt. Ich wusste zwar, das die Gruppe um Maria de Cobeel auch 003-NANROC als Ziel hatte. Aber sie würde erst Anfang 1/2153 reisen. Das Paar hatten sich bei den INSORINE als Teil einer Diplomatengruppe vorgestellt, die auf 003-006-NANROC eine Niederlassung einrichten wollten. Die Transportkabine öffnete sich und mein Kofferträger führte mich über einen Gang zu meiner Unterkunft. Erst hier stellte er sich mir als irel-421-et vor. Noch einmal versicherte er mir, das er sich glücklich schätzte, mich auf diesem Raumpeiler begrüßen zu können, jede Unterstützung und alles Gute, dann verschwand er.

Was für ein Augenblick. Ich glaube, in diesem Moment begann es mir zu dämmern, das ich in der Funktion des Reisenden mit ~DES~ Legitimation eine Besonderheit darstellte. Gewusst hatte ich es bereits bei der Übergabe der ~DES~ Karte durch Gus Niegen /KKK /D1. Wirklich begriffen aber hatte ich es erst jetzt.

Ich brauchte einige Zeit um die Realitäten zu erfassen. Ich schaute mich in meiner Unterkunft um und erkannte einen großen, hohen und hellen Raum mit einer Betrachtungsfläche, die die gesamte Wand gegenüber des Eingangs einnahm. Im Moment wurde auf ihr der Weltraum mit der ERDE abgebildet. In der Mitte des quadratischen Raumes stand ein Gebilde, das wie ein riesiger schlaffer Sack mit rundem Grundriss aussah. Er bewegte sich, als ich begann mich auf ihm nieder zulassen. Wie er meine Wünsche erraten konnte, ein Liegemöbel auszubilden, bei dem der Kopf gestützt hoch lag, der Körper sich aber in einer Liegehaltung entspannen konnte, war mir unbekannt. Aber er verformte sich genau zu diesem Gebilde.

Neugierig bin ich auf die sanitären Anlagen meiner Unterkunft gewesen, die von den INSORINE als Körperdienst bezeichnet werden. Der Körperbau der INSORINE unterscheidet sich so gravierend nicht von dem unseren. Sie sind nur größer und besitzen keine äußeren Geschlechtsmerkmale und zur Entsorgung von Ballaststoffen besitzen sie nur eine Körperöffnung, da wo wir MENSCHEN unseren Bauchnabel haben. Ich war auch nicht mehr überrascht, als sich die sanitären Anlagen als verformbare Gebilde herausstellten. Nur artete jede Entschlackungssitzung zu einer Zeremonie von fast zehn erdeMinuten aus, weil ich mich jedes Mal fast vollkommen entkleiden musste.

Natürlich begriff ich sofort, das ich nicht der erste Gast auf dem Raumpeiler der INSORINE gewesen bin. Die Unterkünfte mussten also so aufgebaut sein, das sie für Gäste mit den verschiedensten Körperformen zu bewohnen waren. Was hatte der Leiter irel-421-et bei meiner Ankunft gesagt, ein TOLK TERISON sei an Bord? Ihr Aussehen hatte nun wirklich nichts mehr mit einem Humanoiden Körperbau zutun. Nichts was man von einem Humanoiden Wesen her kannte, hatte bei ihnen eine Entsprechung. Während meiner Ausbildung sind sie nur am Rande erwähnt worden. Hier aber hatte ich die Möglichkeit, einem dieser floriden Wesen direkt zu begegnen. Wie ich es aber anstellen sollte, diesen Pflanzenabkömmling zu treffen, ist mir in diesem Moment noch nicht klar gewesen, das Essen kam nämlich aus einem Spender im Hauptraum meiner Unterkunft. Eine gemeinsame Mahlzeit mit allen Gästen schien wohl nicht vorgesehen zu sein.

Das die Reise endlich begonnen hatte, erfuhr ich von irel-421-et, der meine Betrachtungsfläche auf die Steuerzentrale seines Raumpeilers umgestellt hatte. Es kam mir im ersten Moment so vor, als säße ich in einer Loge mit Aussicht auf einen riesigen Saal. Die gesamte Betrachtungsfläche meiner Unterkunft zeigte mir die Zentrale in ihrer wirklichen Größe, ein quadratischer Raum von vielleicht 40 Meter Kantenlänge und 10 Meter Höhe. Ich sah die Wände links, rechts und vor mir. In ihren oberen Bereichen erkannte ich weitere Logen. Zumindest machten sie den Eindruck einer Loge. In Wirklichkeit waren es Betrachtungsflächen von der gleichen Größe, wie die in meiner Unterkunft. Sie mussten über alle vier Seiten der Zentrale gehen. Ich erkannte vier Betrachtungsflächen auf jeder Wand, das wären mit meiner Seite insgesamt 16, aber nur vier sind eingeschaltet gewesen. Hell erleuchtet machten sie tatsächlich den Eindruck von Logen, die um einen Veranstaltungsplatz angeordnet waren. Ich sah sogar die Personen in den Logen. Der Eindruck war perfekt. irel-421-et stand in der Mitte der Zentrale, auf einer Erhebung und von der Decke spannte sich eine Lichtkuppel über ihn.

Er begrüßte mich als seinen Gast und stellte mir die anderen Mitreisenden vor.

Er begann mit den beiden TAARERN deren Namen er erwähnte. Die beiden traten aus ihrer Loge etwas nach vorne, so das ich sie in ihrer vollen Größe betrachten konnte. Der einzige Unterschied zu den INSORINE den ich feststellen konnte, war ihre Kleidung. Entgegen den dunklen, gleichförmigen, uniformartigen Kombinationen der INSORINE, trugen die beiden äußerst bunte und Weitgeschnittene Umhänge. Sie schauten in meine Richtung und deuteten eine Verbeugung an, die ich erwiderte.

Der ORORE trat bei der Nennung seines Namens ebenfalls etwas nach vorne. Ein großer schlanker Humanoide, mit absolut menschlichem Aussehen, bis er den Mund aufmachte. An stelle von Zähnen besaß er zwei gleichförmige Leisten, was seinen Zügen eine kalte Ausstrahlung verlieh. Auch er wand sich mit einer angedeutete Verbeugung in meine Richtung.

Die ARILE stellte sich als äußerst attraktive weibliche Humanoide dar. Sie war nicht so groß wie der ORORE, besaß aber im Gegensatz zu ihm eine volle Haarpracht und sie kleidete sich Körperbetont. Sie erhob die rechte Hand zu einem Gruß, den ich auf die gleiche weise erwiderte.

Dann sprach irel-421-et endlich vom TOLK TERISON. Auf der spärlich beleuchteten Betrachtungsfläche - mir genau gegenüber - entstand ein kugelförmiger Körper, dessen Ränder die Konturen verloren je näher er nach vorne trat. Ich erkannte dann eine Stachelkugel mit einem dunklen Kern. Er erinnerte mich an einen Seeigel nur eben sehr viel größer. Als Vergleich diente mir der hinter ihm sichtbare Liegesack, der sich allerdings nicht -  wie bei mir - in ein Liegemöbel, sondern zu einer offenen Hohlkugel verformt hatte. Ich schätzte den Durchmesser des kugelförmigen TOLK TERISON auf 2,50 Meter, wobei die Stacheln jeweils einen Meter lang waren. Ich unterstützte meine Schätzungen, in dem ich versuchte, mich an meine Ausbildungszeit zu erinnern. Da war allerdings immer von viel größeren TOLK TERISON die Rede gewesen. Nach seiner Größe zu urteilen, musste er noch relativ jung sein. Er rollte auf den Spitzen der unteren Stacheln nach vorne und begann mit den restlichen Stacheln eine flirrende Bewegung. Mein UKOM begann zu übersetzen und auf einmal war er mir gar nicht mehr so fremd. Er begrüßte mich sehr freundlich, als Gast herzlich Willkommen, Neugier, Freude, bereit für eine Zusammenkunft. Alle diese Begriffe entstanden in meinem Kopf.

So also übersetzt ein UKOM. Sein UKOM hatte ihm meine Neugier und meinen Wunsch ihn irgendwie kennen zu lernen übersetzt.

Ich begriff auf einmal die Reaktionen der anderen Mitreisenden. Ich war von Anfang an auf den TOLK TERISON gespannt gewesen. Die anderen Gäste hatte ich eher nebenbei wahrgenommen. Ich hatte mir nicht einmal die Namen gemerkt. Das hatte mein UKOM übersetzt. Die Reaktionen der anderen ist deshalb so kühl ausgefallen. Eine Verbeugung oder auch nur die Andeutung - das war alles. Ich musste den Umgang mit dem UKOM noch lernen. Die anderen Gäste wollte ich keinesfalls abwerten. Ich hatte mir einfach gesagt, das ich eine so absolut fremde Lebensform, wie sie der TOLK TERISON darstellte, nicht alle Tage begegnen würde. Die ARILE war einfach attraktiv weiblich, das hatte der UKOM übersetzt, ihre Reaktion ist dementsprechend freundlich ausgefallen.

Eine allgemeine Erheiterung machte sich in der Zentrale unter mir breit. Auch in den Logen schienen sich Veränderungen zu vollziehen. Alle begannen mir zuzuwinken. Freundlicher Empfang, herzlich willkommen, Die richtige Wahl, alles gute für deine Aufgabe. Alle dies Begriffe bildeten sich wieder in meinem Kopf. Mein UKOM hatte mich bei den anderen Mitreisenden, aber auch bei den INSORINE unten in der Zentrale rehabilitiert, er hatte übersetzt.

irel-421-et stellte mir noch Marge Fananga /KIS /D3 und Leo Ganos /KIS /D3, die beiden MENSCHEN vor. Damit ich sie sehen konnte, wechselte er auf eine Betrachtungsfläche mir direkt gegenüber. Wir grüßten uns verhalten freundlich. irel-421-et begann jetzt mit der Vorstellung seines Raumpeilers. Mein UKOM übersetzte etwas von Transporter mit Phasen- und Portaldienste, Besatzung 40 Personen, Ladung 20.000 Einheiten FEO, 8.000 Einheiten Nitrat, und 3 Einheiten VLO-NEK. Ziel sei 362-RELVOR mit einem Zwischenaufenthalt im System von 003-NANROC. Die Reise würde wahrscheinlich 72 erdeStunden dauern und er rechne nicht mit einer längeren Wartezeit vor 003-NANROC. Er beendete seine Vorstellung und lud uns alle zu einem persönlichen Treffen - später in seiner Unterkunft ein. Soweit ich sehen konnte, stimmten alle Gäste zu und ich natürlich auch. Danach schaltete die Betrachtungsfläche wieder auf die Ansicht des Weltraums um. Anstelle der ERDE waren jetzt unbekannt Sterne dargestellt, die sich auch nicht veränderten. Ob oder wie sich der Raumpeiler bewegte, konnte ich so nicht feststellen.

Ich begab mich noch einmal in den Raum mit dem Körperdienst. Eigentlich wollte ich mir nur mein Gesicht mit kaltem Wasser abkühlen. Ich bin während der Vorstellung seltsam erhitzt und fast ein bisschen fahrig geworden. Aber ein Waschbecken fand ich nicht. Neben einem raumhohen Spiegel gab es große farbige Flächen ohne Beschriftung. Ich berührte die blaue, in der Hoffnung, das die Farben auf meine Gewohnheiten eingerichtet waren und hatte plötzlich den Eindruck, unter einer Dusche zu stehen. Es ist schon ein seltsames Gefühl, wenn man seinen Kleider noch an hat. Wenige Augenblicke später stand ich abgekühlt, erfrischt und - vollkommen trocken - vor dem Spiegel. Ich wiederholte den Vorgang - ohne Kleidung. Das Ergebnis ist das gleiche gewesen. Die Dusche hatte mich erfrischt und entspannt. Das System funktionierte. Selbst meine Kleidung war beim ersten Versuch aufgefischt worden. Wieder eine Sorge weniger.

Ich legte mich auf mein Liegemöbel um eine kurze Entspannungsübung auszuführen und schloss die Augen. In der sich allmählich ausbreitenden Stille vernahm ich zum ersten Mal einen, mir bis dahin nicht aufgefallenen tiefen Grundton - das Geräusch des Raumpeilers. Trotz aller Hochtechnik ist es auch den INSORINE nicht gelungen, absolut stille Raumpeiler zu bauen. Auch sie benutzten die Technik nur, was mich irgendwie beruhigte. Bei aller Fremdheit der Umgebung, der Personen wie der Technik, stellte dieser Grundton für mich die beruhigende Gewissheit dar, es auch mit einer Lebensform - vergleichbar der unseren - zutut zu haben, sehr fremd zwar- aber nicht mehr unheimlich.

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Ich erwachte entspannt und voller Tatendrang. Über meinen UKOM wählte ich mich erst einmal in mein /IS Konto ein. Neue Infos hatte ich nur von Gus Niegen /KKK /D1 bekommen. Er wünschte mir noch einmal viel Glück, Gruß an die beiden MENSCHEN, die er zu kennen schien und der Hinweis auf den Koffer. Ich hatte ihn fast vergessen. Wenn einem aber auch das Gepäck immer nachgetragen wird!

Es sei eine speziell für den ~DES~ Reisenden eingerichtete Bibliothek und ich sollte mich unbedingt mit seiner Handhabung und seinen Inhalten vertraut machen. Natürlich würde ich mich um den Inhalt kümmern - später. Im Moment hatte ich soviel neue reale Eindrücke zu verarbeiten, das ich für Nachschlagewerke nun wirklich keine Zeit und keine Ruhe hatte. Ich wollte begreifen, wie ich mit dem UKOM umgehen musste. Ich fand es peinlich, das er bei der Vorstellung fast auch meine Gedanken offenbart hatte. Die Reserviertheit der beiden TAARER und des OROREN wurde zwar aufgebrochen, aber ich hatte es nicht steuern können. Es musste doch auch die Möglichkeit geben, mit anderen Lebensformen in Verbindung zu treten, ohne das man sein Seelenleben offen legte. Irgend einen Schalter den man benutzten konnte, um reine Informationen - nicht aber seelische Zustände zu übermitteln. Und wenn das nicht vorgesehen ist, musste es andere Möglichkeiten geben, damit man sich keine Blöße gab. Ich hatte deutlich gemerkt, wie zurückhaltend der ORORE bei der Vorstellung gewesen ist. Mein UKOM hatte nur seine Reserviertheit übersetzt, ich dagegen bin für alle anderen ein offenes Buch gewesen.

Es hatte mir offensichtlich einige Sympathien eingebracht. Aber was ist, wenn ich Intrigen spinnen will, eine Person abstoßend fand oder jemanden aushorchen musste? Sie würden es sofort wissen - sogar noch vor mir selbst, denn so kondolieren konnte ich mich noch nicht. Ich bin damals noch nicht in der Lage gewesen, mich zu verstellen. Zum ersten mal in meinem Leben stieß ich bewusst an die Grenze zwischen wollen und können. Ich wollte gerissen sein, verschlossen, hinterhältig und ein bisschen gemein. Nur konnte ich es noch nicht!

Wenn es nicht möglich sein sollte mich zu verschließen, so konnte ich nur durch Zielgerichtetes Denken und Handel verhindern, das auch abschätzende Gedanken übermittelt wurden. Zumindest war das ein Ergebnis meiner Überlegungen. Nur, was hatte ich für Ziele? Ich sollte herumreisen und meine Eindrücke aufschreiben. Feste Zielvorgaben sind mir nicht direkt gemacht worden. Und trotzdem erwartet man etwas von mir. Der Generalsekretär hatte es bei der Verabschiedung deutlich gesagt. Weiter kam ich nicht mit meinen Überlegungen. Die Betrachtungsfläche veränderte sich und bildete die beiden MENSCHEN ab.

Und wenn ich jetzt nicht gestört werden wollte? Die Frage, ob ich den Anruf überhaupt annehmen will, ist nicht gestellt worden.

"Hallo Bo Reeves" begrüßte mich Frau Fananga.

"wenn sie nicht gestört werden wollen, sollten sie das dem UKOM sagen"

Schon wieder. Mein UKOM hatte übersetzt.

"Sie werden es noch lernen" Sie war amüsiert aber nicht eingeschnappt.

"Wir wollen sie zu uns einladen, Bo Reeves. Wir haben die Raumnummer 14. Sie liegt auf der gleichen Verteilerebene wie ihre Unterkunft."

"Sie haben recht. Natürlich komme ich gern vorbei. Ich soll sie übrigens von Gus Niegen grüßen."

Ich ergab mich in mein Schicksal und bin eigentlich auch ein bisschen erleichtert gewesen, jetzt mit jemandem reden zu können. Der /INFOSPEICHER ist nur ein unvollkommener Ersatz. Wir verabschiedeten uns kurz und ich machte mich, nach dem ich mich angezogen hatte, auf den Weg.

Ich trat durch die Eingangstür meiner Unterkunft auf die Verteilerebene hinaus und stand vor zwei langen Gängen. Einer direkt vor mir, der andere begann rechts. Meine Unterkunft lag also in einem Eckbereich. Ich sah auf der Außenseite der beiden Gänge jeweils vier Türen. Große weite Anlagen, die man bis zu einer Breite von über fünf Metern hätte öffnen können. Ich drehte mich noch einmal zu meiner Tür um. Ich suchte nach einer Besonderheit, damit ich sie später auch wieder fand. In einem quadratischen Grundriss gab es mindestens vier Ecksituationen. Mein Eingang hatte allerdings eine unverwechselbare Besonderheit. Über der Tür prangte in gelben, Hellerleuchteten Lettern das Kürzel ~DES~. Das war für mich eindeutig genug. Ich wählte den Gang direkt vor mir und ging los. Alle vier Türen auf der linken Seite hatten keine Beschriftung und ich nahm an, das sie nicht bewohnt waren. Ich hatte keine zwei Schritte gemacht und schon befand ich mich am gegenüberliegenden Eckpunkt der Verteilerebene.

Aber es sind doch mindesten 40 Meter! Noch während ich nach einer Erklärung suchte, öffnete sich im Gang rechts von mir die zweite Tür auf der linken Seite und ich sah Frau Fananga heraustreten. Sie winkte freundlich und ich bewegte mich auf sie zu. Es waren bestimmt mehr als 10 Meter bis zu ihrer Tür aber ich brauchte nur einen Schritt.

"Die INSORINE sind ein wohlhabendes Volk" empfing sie mich.

"Sie benutzen auf allen Verteilerebenen so genannte Distanzraffer."

Der Begriff war mir nicht unbekannt. Diese Technik ist ein aufwendiges Verfahren, um lange Wege mit wenigen Schritten begehbar zu machen. Sie wurde normalerweise nur auf Empfangssatelliten der TAARER eingesetzt. Auf der ERDE gab es solche Einrichtungen noch nicht. Wie diese Technik genau funktionierte, konnte ich mir damals noch nicht vorstellen, aber sie ist praktisch und ich hatte keinerlei Gleichgewichtsprobleme verspürt. Schwierig würde es nur werden, wenn ich auf der Verteilerebene mit eingeschaltetem Distanzraffer meinen Nachmittagslauf durchführen wollte.

Frau Fananga geleitete mich in ihre Unterkunft. Die beiden hatte sich den Hauptraum nach ihren Vorstellungen eingerichtet. Wände, Decken und den Boden hatten sie in unterschiedliche Brauntöne eingefärbt und normale Möbel wie Sitzgruppen, Stühle, einen Schreibtisch und zwei Betten aufgestellt. Was mich allerdings beeindruckte, war der Kronleuchter. So etwas hatte ich nur im Louvre Museum auf der Museumsinsel Menhetten gesehen.

"Das sind die Besonderheiten der Gästeunterkünfte auf INSORINE Peilern" Herr Ganos hatte mein Erstaunen richtig gedeutet.

"Sie lassen sich mit wenigen Anweisungen an den Persönlichen Geschmack anpassen."

Das konnte man hier wohl sagen. Der Raum kam mir wie ein modernistisches Schlossappartement vor. Eine ähnliche Ausstattung hatte ich nur noch im Rückbauzentrum des Projektes Großraum ehemals Paris, in Latrape gesehen. Ich fühlte mich damals schon nicht sehr wohl darin.

"Die Geschmäcker sind verschieden. Nehmen sie bitte Platz, Bo Reeves. Kann ich ihnen etwas anbieten?" Frau Fananga spielte die Gastgeberin. Irgendwie fühlte ich mich plötzlich unwohl. Es lag nicht nur an den beiden. Ich spürte zum ersten mal meinen UKOM. Er übersetzte und irgend etwas stimmte nicht.

Herr Ganos kam dann schnell auf den Punkt. Es war eine unangenehme Aussprache und ich bin froh gewesen, als ich ihre Unterkunft wieder verlassen konnte. Die beiden gaben sich als Agenten der /KIS zu erkennen und hatten sich als meine Vorgesetzten aufspielen wollen. Sie besäßen den offiziellen Auftrag dazu. Sie benutzten die Methode "Führung durch Einschüchterung" und ich lehnte es natürlich sofort ab, von ihnen Anweisungen entgegen zu nehmen. Sollten sie damit Probleme haben, könnten sie sich ja bei Gus Niegen beschweren. Er sei der einzige, dem ich Rechenschaft schuldig sei.

Ich versuchte so arrogant wie nur möglich zu sein und kam doch nicht an die beiden heran. Ich machte ihnen zum Schluss deutlich klar, das sie für mich keinerlei Weisungsbefugnisse hatten und verließ fluchtartig ihr Schreckenskabinett.

Eigentlich hatte ich mit so etwas Ähnlichem gerechnet. Ich war ein junger Mann ohne eigentliche Kosmische Erfahrung aber Ausgestattet mit einer Galaxis weit anerkannten ~DES~ Legitimation, die es mir ermöglichte in Bereiche vorzustoßen, die einem normaler MENSCHEN verschlossen blieben. Natürlich versuchte man auf irgend eine Weise Einfluss auf mich zu nehmen. Aber das sie dafür diese beiden Alleiner geschickt hatten, gab mir doch zu denken. Ihr Auftreten ist für mich in jeder Hinsicht abstoßend gewesen. Sie hätten mich eigentlich besser kennen müssen. Es gab verschiedene Möglichkeiten Einfluss auf eine Person zu nehmen. Einmal über die freundschaftliche Ebene und dann die Methode "Führung durch Kompetenz". Meine Beziehung zu Gus Niegen /KKK /D1 beinhaltete - nach anfänglichen Schwierigkeiten - Elemente aus beidem. Ihre Methode dagegen musste bei mir automatisch eine Abwehrreaktion hervor rufen und dass mussten sie eigentlich wissen, schließlich sind meine Zeugungsunterlagen kein Geheimnis. So unvorbereitet kann man einfach nicht sein, wenn man einen solchen Auftrag bekommen hat.

Das alle meine Begegnungen mit Mitarbeitern der /KIS bis heute irgendwie unerfreulich geblieben sind, wollte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf meine Vorurteile gegenüber dieser /Kooperative zurück führen. Das sie versucht hatten, mich mit technischen Mittel zu beeinflussen, darauf bin ich damals überhaupt nicht gekommen. Zurück in meiner Unterkunft, brauchte ich einige Zeit um mich wieder zu beruhigen.

Ein gutes hatte mein Besuch bei den beiden aber doch gehabt, ich begann mit der Raumausstattung zu experimentieren. Ich sprach meine Wünsche einfach aus und beobachtete fasziniert, wie aus dem Nichts heraus ein Schreibtisch und ein Körpertrainer entstanden. Seine Funktionen musste ich noch etwas nachmodulieren bis sie meiner Muskelentwicklung entsprachen und ich endlich mit dem Training beginnen konnte.

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irel-421-et meldete sich diesmal an. Ich hatte endlich begriffen, für was mein UKOM alles zu gebrauchen war. Er stellte die Verbindung zum Kommunikationssystem des Raumpeilers her. Er übermittelte meine Wünsche an die Formenergiezentrale. Ohne ihn hätte ich nicht einmal duschen können. Ich zog mir meinen Umhang über und bestätigte seine Anmeldung. Diesmal saß irel-421-et in einem, verschwenderisch mit XOS Büschen ausgestatteten Raum. Ich konnte erkennen das die beiden TAARER schon bei ihm waren. Es wurde eine Einladung, der ich - nach einer Dusche - gerne folgte.

Im Gegensatz zu der luxuriösen Ausstattung der Verteilerebene mit Distanzraffern, benutzten die INSORINE für den Verkehr innerhalb ihres Raumpeiler die alte Technik der Transportkabinen. Wenn ich meine Ebene verlassen wollte, ging das nur über einen dieser Zugänge. Jede Wand gegenüber den Eingängen zu den Unterkünften besaß einen davon. Ich wählte den rechts von mir und gab, nachdem sich die Tür geöffnet hatte, als Ziel den Empfangsraum von irel-421-et an. Ich hatte kaum ausgesprochen als sich die Türe wieder öffnete. Von einem Transportvorgang hatte ich nichts bemerkt.

Vor mir breitete sich eine Art Botanischer Garten aus. Fast wie in einem Urwald standen die unterschiedlichsten Pflanzen dicht zusammen. Ich konnte keine der Wände des Raums erkennen. Über einen Pfad mit festem Untergrund erreichte ich eine Lichtung, auf der ich irel-421-et und die beiden TAARER antraf. Nach einer sehr freundlichen Begrüßung durch die drei, wies er mir ein Sitzmöbel zu, das sich dann automatisch wieder an meine Körperformen anpasste, was mich schon nicht mehr überraschte. Es stand in einem Meer von intensiv duftenden, farbenprächtigen XOS Büschen. Wahrscheinlich waren sie es auch, die für die frische Luft im gesamten Raumpeiler verantwortlich waren.

Die Decke über mir zeigte den Weltraum mit seinen vielen Sternen. Hier herrschte ein angenehmes Dämmerlicht und ich begann zu verstehen, warum die XOS so beliebt waren. Wenn man es genau betrachtete, sind sie nach den RAPI Kristallen in meinem UKOM, die am weitesten verbreitete Lebensform innerhalb der GAON KORMA. Während meiner Ausbildung wurde eingehen auf diesen Floriden Stamm hingewiesen. Auf ihre Fähigkeit der Luftfilterung wollte keine Zivilisation auf Sauerstoff Basis mehr verzichten. Es hieß sogar, das nur durch die verschiedenen Völker der XOS Zivilisation, das Bewohnen von Raumpeilern und Satelliten - über große Zeiträume hinweg - erst möglich wurde. Bei den großen Planetenumformungen der TAARER sorgten sie für die Feinanpassung der neuen Atmosphären.

Mein UKOM übersetze mir allerdings nur Stimmungen. Sehr angenehme Stimmungen, hervorgerufen durch ihren Duft und der Farbenpracht ihrer Blüten. Sprache oder andere Verständigungsmöglichkeiten in unserem Sinne kannten die XOS also nicht. Aber sie sind eine Intelligente Spezies mit eigenem Stammbaum, einer Hauptwelt und einem - über die gesamte Galaxis verteilten - Reiches und sie besaßen jeweils eine Stimme in der GAON KORMA. Nach dem TOLK TERISON waren die XOS die zweite Pflanzenrasse der ich auf dem Raumpeiler der INSORINE begegnete. Ich begann mich an diese Ansammlung unterschiedlichster Lebensformen zu gewöhnen.

irel-421-et ist dann ein richtiger Diplomat gewesen. Er flocht die Namen der beiden TAARER so geschickt in die Begrüßung mit ein, das ich mich gar nicht mehr anstrengen musste, um sie nicht wieder zu vergessen. Vahan-T102 und Haharo-T024 konnte ich nur durch ihre bunten Umhänge von einander unterscheiden. Vahan trug einen, an den Seiten offenen Überwurf. Ein Gürtel in der Hüftgegend hielt ihn zusammen. Unter diesem extrem bunten Umhang, konnte ich eine silbrig schimmernde, eng anliegend Kombination erkennen. Haharo dagegen trug einen Umhang, der den gesamten Körper umhüllte. Da ich keine Naht- oder Verschluss leiste sehen konnte, musste er ihn wohl über den Kopf gezogen haben. Sein Umhang besaß keine Ärmel und die äußerst muskulösen Arme des TAARERS traten deutlich hervor. Im Gegensatz zum Umhang von Vahan musste der seine ihn bei schellen Bewegungen - durch den engen Schnitt - eher hinderlich sein.

Es stellte sich heraus, das die beiden zu den alten TAARERN zählten, was ich an ihrem Äußeren nicht hätte ablesen können. Sie befanden sich in der Passivphase ihres Lebens. Das erklärte mir dann auch ihre bunten Überwürfe. Alle aktiven TAARER denen ich später begegnet bin, trugen nur diese silbrig schimmernden Kombinationen, wie sie auch Vahan unter seinem Umhang trug. Auf ihre "alten" Tage reisten die beiden durch GAON und sind so auch kurz auf der ERDE gewesen. Es war angenehm mit ihnen zu plaudern. Wir saßen zusammen auf einer Lichtung, in einem mit verschwenderischer Pracht ausgestatteten Botanischen Garten, auf einem Raumpeiler der INSORINE, auf dem Weg nach 003-NANROC und wir unterhielten uns wie alte Freunde. Als ob ich schon immer diese Art des Reisens bevorzugt hätte. Dabei war es meine aller erste.

Ich hatte meine Scheu vor den TAARERN im allgemeinen und den beiden im Besonderen längs verloren. Sie sind unsere Freunde, Helfer, unsere Förderer innerhalb der GAON KORMA. Die beiden sind weit gereist gewesen und kanten viele Mitglieder der Organisation aus eigener Anschauung. Sie erzählten von den Insektoiden FANO, bei denen sie zuletzt waren. Die beiden gaben sich offen in ihrem Denken und Handeln und frei von kleinlichen Positionsbestimmungen. Die speziellen Eigenarten der FANO sahen sie nicht als Problem an. Sie standen eben in der Blüte ihres Lebens obwohl sie sich, nach eigener Einschätzung in ihrer Passivphase befanden. So weit ich mich erinnern konnte, wechselte ein TAARER mit etwa 300 erdeJahren in diese passive Phase seines Lebens, die dann auch noch bis zu 150 erdeJahre dauern konnte. Waren sie in ihrer Aktivphase vollkommen in ihr Staatsgebilde integriert, so besaßen sie in ihrer Passivphase eigentlich erst die Zeit und die persönlichen Freiheiten, um zutun was ihnen gefällt. Der oberste TAAR, eine Art Monarch stammte immer aus diesem Personenkreis. Von meinem Standpunkt aus, würde ich ihre Lebenszyklen genau anders herum interpretieren.

Vahan wollte gerade von seinen Erlebnissen auf der ERDE erzählen, als der ORORE unsere kleine Lichtung betrat. Die Stimmung änderte sich von einem Augenblick zum anderen. irel-421-et übernahm es wieder, mir unauffällig seinen Namen ins Gedächtnis zu rufen, wofür ich im auch wieder sehr dankbar war. Der Name Enorel-oner-Devonor ist nun einmal nicht leicht zu behalten. Die beiden TAARER standen auf und setzten gleichzeitig zu einer Begrüßung an, in dem sie eine Reihe von - für mich fremde - Begriffe abwechselnd aussprachen und mit beiden Armen winkende Bewegungen ausführten. Für mich hatte diese Begrüßung etwas von einer Beschwörung, um so mehr als das es für mich die erste Begrüßung zwischen alten GAON KORMA Mitgliedern war, der ich beiwohnen durfte. Enorel-oner-Devonor erwiderte die Begrüßung der beiden mit eine abwehrenden Geste, sagte aber kein Wort. Es war mir nicht ganz klar, wie das Verhältnis der beiden Völker untereinander ist. Die mächtigen TAARER verhielten sich eher wie respektvolle Jünger, die dem selbstbewussten ORORE ihre Ehrerbietung erwiesen, die dieser aber als lästig einzustufen schien. Aber vielleicht deutete ich dieses Ritual auch falsch. Mein UKOM jedenfalls unterstütze mich in diesem Fall nicht besonders. Ich war ja auch nicht gemeint. Überrascht hatte mich irel-421-et. Er zog sich vollkommen zurück, obwohl er doch der Leiter dieses Raumpeilers ist. Oder hatte ein INSORINE nichts mehr zusagen wenn sich TAARER und OROREN trafen?

Enorel-oner-Devonor setzte sich zu mir und begrüßte mich mit der schon bekannten reservierten Höflichkeit. Ich zeigte meine Neugier ganz offen, denn ich hatte endlich begriffen das ich als ~DES~ Reisender einen Sonderstatus inne hatte. Der ORORE schien aufzutauen und wir kamen ins Gespräch. Er ist innerhalb eines Auftrag der GAON KORMA in den Westlichen Außenbereichen unterwegs gewesen und jetzt auf der Rückreise. Er wollte über 003-NANROC, 001-TAAR und 408-ORONDA ins heimatliche System der Sonne OROR zurück, auf den Planeten ORORENA, seiner Heimat, die auch gleichzeitig die Hauptwelt der OROREN und außerdem auch noch der Verwaltungsmittelpunkt der GAON KORMA sei. Er benutzte keinen eigenen Raumpeiler, weil er noch auf anderen Welten Sonderaufgaben zu erledigen hatte. Enorel-oner-Devenor öffnete sich zusehends, er verzog sogar seinen so fremdartigen Mund zu einem Schmunzeln, als ich ihn direkt auf sein Reiseziel ansprach. Ja, ORORENA war seine Heimat und ja, auf dieser Welt hatte die Verwaltung der GAON KORMA seinen Hauptsitz und ja, die Welt ist öffentlich und man kann sie ohne Probleme besuchen. Er verbesserte sich, - ich - könnte diese Welt ohne Probleme besuchen.

Wieder wurden wir unterbrochen, als die ARILE die kleine Lichtung betrat. Und wieder änderte sich die Stimmung von einem Augenblick zum anderen. Aber diesmal schwang noch etwas ganz anderes mit. Ich hatte den Eindruck, als würden die TAARER verlegen. Sie standen wieder auf und wendeten sich, nach einer angedeuteten Verbeugung, ab und begannen abseits eine eigene kleine Gruppe aufzumachen. Die Reaktion von Enorel-oner-Devenor verblüfft mich aber noch mehr. Er versteifte sich plötzlich, warf einen kurzen Blick auf sie, stand auf und gesellte sich zu den beiden TAARERN ohne die ARILE überhaupt zu begrüßen. Einzig irel-421-et wendete sich ihr freundlich zu, ohne allerdings auf zu stehen. Er vergaß wieder nicht, noch einmal ihren Namen zu erwähnen und sie in dieser Rund willkommen zu heißen.

Ich schaute mir ar-Anegan-Fedrice genauer an. Eine äußerst Gutaussehende, große Humanoide Frau mit ausgeprägteren Gesichtszüge als die von Enorel-oner-Devenor, lebhafter und offener. Ihre weiblichen Formen hoben sich deutlich, durch einen geschickt gerafften, Togaähnlichen Umhang hervor. Trotz ihrer Größe von fast 2 Metern, ihren übergroßen Augen und der riesigen Mähnenartigen Haartracht, erschien sie mir sehr attraktive. Ich wusste, das der ORORE Enorel-oner-Devenor und sie von der gleichen Urzivilisation abstammten, sie aber seit 280 Dekaden jeweils einen eigenen Entwicklungsweg genommen hatten. Trotzdem konnte ich mir weder die Reaktion der beiden TAARER noch die von Enorel-oner-Devenor erklären. Hatte ich den Eindruck, den beide TAARERN sei es eher unangenehm ihr zu begegnen, so drückte das Verhalten des OROREN eigentlich nur Verachtung aus. Da mich mein UKOM auch in diesem Falle im Stich lies, bin ich nicht sicher, ob ich alles richtig gedeutet hatte. Aber eines war mir sofort klar, etwas zwischen den Anwesenden ist nicht in Ordnung gewesen.

ar-Anegan-Fedrice setzte sich auf den Platz, den Enorel-oner-Devenor gerade verlassen hatte und wir begannen mit einer lockeren Unterhaltung. Auch sie war im Auftrag der GAON KORMA auf Reisen. ar-Anegan-Fedrice hatte in einem Inneren Konflikt der Humanoiden XERTIKANER vermittelt und war auf dem Weg zu einem neuen Auftrag im östlichen Teil von GAON. Wir unterhielten uns sehr offen miteinander. Es bestanden von ihrer Seite keinerlei Vorbehalte gegen irgendeine Person in diesem Treibhaus. Sie schien die Reaktionen der beiden TAARER, aber auch von Enorel-oner-Devenor gar nicht wahrgenommen zu haben.

Wir verstanden uns jedenfalls großartig. Sie ermutigte mich neugierige Fragen über sie, ihre Aufgaben, ihre Heimat und ihre Zivilisation zu stellen. Obwohl Enorel-oner-Devenor und sie im Auftrag der GAON KORMA unterwegs waren, gab es etwas zwischen ihnen. Etwas das ich nur mit dem Begriff Konkurrenz umschreiben konnte. Was wusste ich von den beiden äußerlich so vertrauten Zivilisationen? Ich musste mir damals eingestehen, das ich von unseren Freunden den TAARERN, einer Lebensform mit mausähnlichem Kopf auf einem extrem muskulösen menschliche Körper, mehr wusste als von den Humanoiden OROREN und ARILEN. Beide hatten den gleichen Stammbaum, beide hatten heute einen gleich hohen Entwicklungsstand. Beide sind für die GAON KORMA im Einsatz. Die OROREN gelten als Verwalter innerhalb der Organisation. Die ARILEN arbeiten als Kommunikations- Fachfrauen. Ach ja, das unterscheidet die beiden Zivilisationen von einander. Bei den ARILEN herrscht das Matriarchat, die OROREN dagegen huldigen der Patriarchalischen Weltanschauung.

Ein weiterer gravierender Unterschied der beiden Zivilisationen ist die Auslegung der Idee einer Humanoiden Entwicklung. Die OROREN hatten ihre Gene immer weiter bearbeitet und eine fast perfekte Zivilisation geschaffen. Die ARILEN hingegen sind sich nicht zu schade, die natürliche Schwangerschaft beizubehalten. Nur die Zeugung erfolgte - wie bei uns - in speziellen Tangs. Heute sind die OROREN zwar die überall anerkannten perfekten Verwalter, die ARIELEN und ihre Stämme dagegen sind sehr viel weiter verbreitet. Mehr wusste ich von beiden Völkern zu diesem Zeitpunkt nicht. Ich erfuhr erst sehr viel später, mehr durch Zufall, beim Abhören der /KIK Nachrichten, das bei den inneren Auseinandersetzungen der XERTIKANER eine Vertretung aus ARILEN und OROREN Abgesandten im Auftrag der GAON KORMA eingegriffen und das Problem gelöst hatten. Also konnten die beiden doch zusammen arbeiteten, was ich mir zu diesem Zeitpunkt beim besten Willen nicht hatte vorstellen könnte.

Für mich änderte sich die Situation wieder vollkommen, als sich die riesige Kugel des TOLK TERISON unserer Lichtung näherte. Er war für mich das fremdartigste Wesen in dieser Runde, in jeder Hinsicht. Endlich konnte ich mich mit ihm unterhalten. Mit der Sicherheit, das mein UKOM schon alles richtig übersetzen würde, sind damals alle meine Hemmungen von mir abgefallen. Trotzdem war ich nicht so hemmungslos, mich dem TOLK TERISON auf maximal 5 Meter zu nähern. Seine spitzen Stacheln hätten mich leicht verletzen können. Ich sah, wie sie auf dem Boden kleine Vertiefungen erzeugten, wenn er sich rollend fortbewegte. Einen UKOM konnte ich bei ihm nicht entdecken. Ein Armreifen, wie wir anderen ihn trugen, wäre auch nicht möglich gewesen. Aber er besaß einen und unsere beiden Geräte begannen zu übersetzen.

Wir begrüßten uns mit gegenseitiger, freundlicher Neugier und vermittelten uns unsere Offenheit. Ein Gespräch, wie ich es mit den anderen geführt hatte, war es natürlich nicht. Es sind eher Begriffe gewesen die wir austauschten. Er schien Angst zu haben, etwas zu beschädigen, den er rollte nicht auf die Lichtung, sondern blieb auf dem Weg stehen. Auch er sei auf Reisen. Die vielen neuen Eindrücke würden ihm helfen zu reifen. Ich erinnere mich, das mein UKOM damals eine abstrakte Persönlichkeit und nicht eine biologische Intelligenz abbildete. Einzig meine Neugier machte es möglich, die Begriffsflut aufzunehmen, zuzuordnen, auszuwerten um dann Fragen als ähnliche Begriffe auszuformulieren und zurück zu senden. Es ist sehr viel anstrengender sich so zu unterhalten. Die Frage nach seiner Heimat zum Beispiel formulierte ich wie ein visuelles Gebilde:

Ich bewege mich auf eine Sonne mit neun Planeten zu. Ich finde den dritten Planeten. Ich bewege mich auf ihn zu. Ich erreiche ihn und schaue von seiner Oberfläche wieder zur Sonne zurück.

Als Vorlage benutze ich natürlich unser eigenes Sonnensystem und der Planet war natürlich die ERDE. Ich hoffte, ihm einerseits so meine Heimat vorzustellen und ihn andererseits dazu zu bringen, mir die seine zu zeigen. Er tat es auf die gleiche Weise wie ich es im vorgemacht hatte. Er näherte sich einem System mit zwei unterschiedlich großen Sonnen mit 13 Planeten. Die größere der beiden Sonnen ist gelb weiß, die um die Hälfte kleinere Sonne ist ein roter Zwerg. Er bewegte sich auf den vierten Planeten zu, umkreiste ihn allerdings nur. Es ist eine blaue Welt ähnlich der Erde. Nach zwei Umkreisungen wendete er sich der siebenten, weiß blau strahlenden Welt des Systems zu, von deren Oberfläche er dann auf die beiden Sonnen schaute. Ich wusste das sein Doppelsonnensystem übersetzt bei uns FEDERKAN hieß. Der blaue Planet, den er mir gezeigt hatte, heißt bei uns TOLK. Die Eiswelt von der er mir dann seine Sonnen gezeigt hatte, nennen wir TERISON. Viel mehr ist aus meiner Studienzeit nicht hängen geblieben. Also, zwei Welten sind für ihn wichtig!

Weiter kamen wir nicht. Irel-421-et bat allgemein um Aufmerksamkeit. Etwas unwillig löste ich mich aus unserer kleinen Welt. Es gab so viel was ich über den TOLK TERISON noch wissen wollte. Ich hatte nicht einmal seinen Namen erfahren und brauchte eine ganze Weile, bis ich meine Umgebung wieder vollständig wahr nehmen konnte. Ich musste mir später aber eingestehen das Irel-421-et sich doch als vorzüglicher Leiter erwiesen hatte. Er gab mir die Möglichkeit seine Gäste - einen nach dem anderen - zumindest ein wenig kennen zu lernen. In diesem Augenblick allerdings hätte ich ihn mir weit weg gewünscht.

Die beiden /KIS Agenten hatte die Lichtung nicht betreten können, da der TOLK TERISON ihnen den Weg versperrt hatte. Erst als er jetzt mitten auf die Lichtung rollte, konnten Fananga und Ganos sie ebenfalls betreten. Irel-421-et stellte die beiden kurz allen seinen Gästen vor. Dabei erwähnte er auch den Namen des TOLK TERISON, der bei mir wie `Roderonei` ankam. In diesem Falle ist es wohl nur die Umschreibung seiner Person, und nicht sein eigentlicher Name gewesen. Mir fiel auf, das irel-421-et die beiden MENSCHEN anders behandelte als mich. Bevor die beiden überhaupt ein Gespräch mit irgend jemandem anfangen konnten, erhob er sich zum ersten mal von seinem Sitzmöbel. Mit fast schon etwas eingeübten Gesten und Worten dankte er allen seinen Gästen, das sie seinen Raumpeiler für die Reise nach 003-NANROC ausgesucht hätten. Sein Peiler sei gerade von der Portalaufsicht anerkannt worden und der Einzug ins System 003-420-100-011 stünde unmittelbar bevor. Er bedankte sich noch besonders bei mir, das ich als ~DES~ Reisender ausgerechnet den Peilertyp eines Mineraltransporters ausgewählt hätte. Es schien wohl nicht üblich zu sein. Dabei hatte ich sowieso keinen Einfluss auf die Reiseplanung der /KKK gehabt. Dann bat er darum den Portaldurchgang auf den Liegemöbeln in unseren Unterkünften zu erwarten. Er verabschiedete sich und verließ sehr schnell die Lichtung.

Alle anderen schienen es jetzt auch sehr eilig zu haben. Der TOLK TERISON rollte als zweiter mit einer solchen Geschwindigkeit von der Lichtung, das ich fürchtete, er würde irel-421-et noch einholen und überrollen. Vahan und Haharo folgten ihm als nächste, ebenfalls sehr schnell. Sie verließen die Lichtung, noch bevor Fananga und Ganos den Weg erreichen konnten, dicht gefolgt von Enorel-oner-Devenor und ar-Anegan-Fedrice. Es kam zu einem kleinen Stau, als der ORORE auf die gemütlich dahin schlenderten /KIS Agenten stieß und ar-Anegan-Fedrice, ebenfalls schnellen Schrittes, fast mit ihm zusammen gestoßen wäre. Enorel-oner-Devenor tat so, als hätte er die ARILE nicht bemerkt und umging die beiden /KIS Agenten, nach dem er sie sanft zur Seite geschoben hatte. Dann rannte er los. ar-Anegan-Fedrice nutzte diese Schneise und stürmte ebenfalls an den beiden vorbei, die ihr verdutzt nachsahen.

Es musste jetzt wohl alles sehr schnell gehen, dachte ich. Spontan begann auch ich zu rennen und stürmte an den beiden vorbei, hinter der ARILE her, konnte sie aber nicht mehr sehen. Die Tür zur Transportkabine stand offen und ich lief mit voller Geschwindigkeit hinein, so das ich mich an der Rückwand der Transportkabine mit den Händen abfedern musste. Als ich mich umdrehte stand sie schon wieder zu meiner Verteilerebene hin offen. Einen Schritt und ich befand mich in meiner Unterkunft, wo ich mich gleich auf mein Liegemöbel legte. Es begann sofort damit, sich zu verformte und meinen Körper vollkommen zu umschließen.

Irel-421-et hatte sich wohl ein wenig verschätzt. Anders konnte ich mir das überstürzte Ende unserer kleinen Feier nicht erklären. Anscheinend hatte er nicht mit einem so schnellen Einlass ins System 003-420-100-011 gerechnet. Wenn die Bestätigung der Portalaufsicht erst einmal da war, hatte der Leiter wohl keine Kontrolle mehr über seinen Raumpeiler.

Von meinem ersten Portaldurchgang merkte ich dann allerdings nichts mehr.

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